Annabels Gang-Bang

Sascha Koal (Mannheim)

Annabel Chongs Weltrekord im Gang-Bang vor 15 Jahren ist Anlass für einen Assoziationsreigen, der von den erotischen Phantasien der Gebrüder Grimm über Arthur Schnitzlers Traumnovelle bis hin zum babylonischen Hollywood reicht.
Warum gibt sich eine Frau innerhalb mehrerer Stunden im Minutentakt gleichzeitig sehr vielen, ihr gänzlich unbekannten Männern hin? Warum geht ein Mann zum Gang-Bang, stellt sich nackt in die Schlange? Was hat Pornografie mit Kunst zu tun und warum und wie beschäftigen sich Theatermacher damit? 

Annabel Chong: eine 1972 in Singapur geborene Chinesin, die Jura, Kunst und Fotographie in London bzw. Los Angeles studiert hat. Berühmt wurde sie allerdings 1995, als sie, nachdem sie erst ein Jahr im Pornobusiness gearbeitet hatte, den damaligen Rekord im Gang-Bang aufstellte, was bedeutet: sie hatte mit möglichst vielen Männern nacheinander vor laufenden Kameras Sex, es wurden insgesamt 251. Interessant ist dabei: Annabel ist bildende Künstlerin und bezeichnet ihren Gang-Bang als feministischen Befreiungsakt.
Ein bizarres Bild: Die Männer standen nackt um ein erhöhtes Podest, auf dem ein rundes, tiefblaues Sofa platziert war, überall standen Säulen, plätscherten Springbrunnen – wie in einem antiken Tempel; jeweils eine Gruppe von fünf Auserwählten wurde zu dieser modernen Vestalin geführt. Das Ergebnis ist einer der erfolgreichsten Pornofilme aller Zeiten. Keine Angst: Es erwarteten Sie weder Klischees über Pornografie, noch eine melodramatische Psychologisierung ihrer Protagonisten. Der Weltrekord vor 15 Jahren ist vielmehr Anlass für eine assoziative Reise in eine Welt, die von unserer Gesellschaft mit einer Ambivalenz von Faszination und Abscheu betrachtet wird... 
Mit: Sarah Gros NF, DangerZone, Peter Haberer und Dirk Mühlbach u.a.